Messungen

Die Messungen

Zielsetzung
Das Ziel in Armenien war es, ein Überwachungsnetz aufzubauen, die Funktionsweise von Hard- und Software unter realen Bedingungen zu testen und eine durchgängige Messung über mindestens 24 Stunden zu realisieren. Die Analyse der gewonnenen Daten wird im Postprocessing durchgeführt.
Messgebiet
Das eigentlich vorgesehene Rutschungsgebiet, die Odsun-Rutschung, wäre zwar ein ideales Beispiel für das geplante Verfahren gewesen, doch mit der großen Entfernung von Eriwan hätte die anfallende Fahrtzeit die Umsetzung der geplanten Vorhaben verhindert. In kurzer Entfernung befinden sich zahlreiche andere Rutschhänge, welche innerhalb kurzer Zeit besichtigt werden konnten.
In der Nähe des Ortes Voghgaberd gibt es einen Rutschhang, der durch eine Hauptverkehrsstraße geteilt wird. Durch einen armenischen Professor war zu erfahren, dass es nahe des Gebietes einen trigonometrischen Festpunkt geben soll, welcher sich später leider als unbrauchbar erwies. Ein eindeutiger Vorteil des Gebietes war die Möglichkeit der Stromversorgung. Im Bereich des Hanges sind deutlich die Auswirkungen der Erdrutschungen und auch die Abgrenzungen zu nicht rutschenden Bereichen zu erkennen. Die durch die Rutschung sich immer wieder absenkende Straße, muss in regelmäßigen Abständen erneuert werden. Dies geschieht meist nur provisorisch durch das Aufbringen einer weiteren Asphaltschicht. Neben der aktuellen Straße befindet sich ein komplett talwärts verschobener Abschnitt von rund 50m Länge. Der Boden in dem Bereich zeichnet sich durch eine lehmige und weiche Konsistenz aus. Talseitig tritt an einigen Stellen Wasser aus dem Boden und bildet kleine Wasserfälle, Rinnsale und Wasserflächen.
Messaufbau
Für die Messungen standen sieben Monitoringprismen, drei Träger mit reflektierenden Zielmarken, sowie drei Stative mit Prismen für die Festpunkte zur Verfügung. Da es sich um ein ausgedehntes Objekt mit deutlicher Strukturierung handelt, empfahl sich ein objektbezogenes Koordinatensystem, dessen Achsen mit den Hauptachsen des Objektes zusammenfallen. Dadurch liegen die interessierenden Bewegungen der Objektpunkte in eine der Koordinatenrichtungen. Etwas unterhalb der Straße wurde der Standpunkt außerhalb des gefährdeten Bereiches gelegt. Die sieben Prismen wurden entlang der Längsachse des Hanges in einer ungefähren Linie angeordnet. Der erste und letzte Punkt der Linie befinden sich an Stellen, an denen keine Rutschungen mehr vermutet werden, die anderen unterhalb bzw. oberhalb von gut sichtbaren Böschungskanten. Die Wahl geeigneter Positionen fiel mit Hilfe von Prof. Effendian aus Eriwan.
Für den am tiefsten und vom Standpunkt am weitesten entfernten Punkt wurde das 38mm- Miniprisma genutzt. Für alle anderen Punkte dieses Profils kamen die sechs 25mm- Miniprismen zum Einsatz. Um auch die Reflexfolien zu nutzen, wurde für die drei verbleibenden Ziele ein zweites Profil angelegt. Dieses wurde so ausgerichtet, dass alle drei Ziele mit dem Instrumentenstandpunkt eine Linie bildeten. Der Verlauf der Linie folgte zudem ebenfalls dem Hang, wodurch lediglich eine Streckenmessung ausreicht, die gesamte Bewegung hangabwärts zu erfassen.
Für die drei Referenzpunkte wurden Standorte außerhalb der Rutschung gewählt und vermarkt. Alle Messungen gehen von Festpunkten außerhalb des Objektes aus. Somit handelt es sich um einen absoluten Messaufbau. Das einmal fixierte Netzdatum bleibt für den gesamten Untersuchungszeitraum konstant. Bei der Messung einer Rutschung handelt sich um einen stochastischen Prozess, der nicht vollständig vorhersagbar ist.
Vermarkungen der Punkte
Für die Monitoringpunkte wurden 25cm lange Konvergenz-Messbolzen mit 3/8"-Außengewinde einbetoniert. Für zusätzlichen Halt sorgt eine Armierung, welche teilweise in den angrenzenden Boden getrieben wurde. Auf das Gewinde können die Reflexfolien und Miniprismen mit Hilfe des dazugehörigen Adapters für Messungen aufgeschraubt werden.
Da sich die Festpunkte im ungefährdeten Bereich befinden, war für deren Abmarkung weniger Aufwand nötig. Für diese Punkte wurden übliche Nägel oder Meißelzeichen verwendet.
Tachymetrische Aufnahme
Mit der tachymetrischen Aufnahme wurde während der Vermarkung der Monitoringpunkte begonnen. Für die Geländeaufnahme wurde ein vorläufiges lokales Koordinatensystem gelegt. Nachdem das aufzunehmende Areal feststand, wurde ausgehend vom Standpunkt ein kleines Netz gelegt und über zwei Vollsätze dessen Koordinaten bestimmt. Dies stellt für die tachymetrische Aufnahme von Geländepunkten eine ausreichende Genauigkeit dar.
Charakteristisch für den Bereich sind eine Vielzahl von gut sichtbaren Böschungskanten und Gefällwechseln. Für eine spätere gute Modellierung waren deshalb viele Punkte aufzunehmen. Daneben wurden auch Straßenkanten und Leitungen erfasst.
Zur einfachen Unterscheidung der Punktarten wurde eine kleine Codeliste erstellt, die alle auftretenden Gegebenheiten erfasst.
Berechnungen der Festpunktkoordinaten
Um das geplante Koordinatensystem zu realisieren wurden zunächst für die Punkte an den Profilenden, Punkt 101 am Südende und Punkt 206 am Nordende, Koordinaten bestimmt. Dazu wurden die Standpunktkoordinaten und dessen Höhe mit 1600,00m festgelegt. Diese entspricht der ungefähren tatsächlichen Höhe des Geländes. Von diesem Standpunkt aus erfolgte die Messung der Profilpunkte in einem Vollsatz. Aus diesen Messdaten wurden die Höhen für die Punkte übernommen und die Horizontaldistanz berechnet. Aus der Horizontaldistanz folgt die X-Koordinate des Punktes 206.
Mit derartig gewählten Koordinaten liegt die X-Achse des lokalen Systems in Richtung des Profils und damit in der Bewegungsrichtung des rutschenden Hanges. So kann über eine sich ändernde X-Koordinate direkt auf die Bewegung des Hanges geschlossen werden. Zur Bestimmung der Festpunkte erfolgte eine freie Stationierung über die Punkte 206 und 201. Aus dieser Stationierung heraus konnten nun die eigentlichen Festpunkte über eine Vollsatzmessung bestimmt werden. Aufbauend auf der Bestimmung der Koordinaten vor Ort sollte eine Neuberechnung erfolgen. In diese werden alle Messungen einfließen, um so möglichst genaue Koordinaten zu erhalten.
Zur Berechnung werden die aufgezeichneten Messdaten aus GeoMoS genutzt. Dabei kommen sowohl das Modul Monitor, als auch das Modul Analyzer zum Tragen. Im Modul Monitor sind alle Messdaten und die berechneten Koordinaten aufgelistet. Aus dem Modul Analyzer sind zusätzlich noch zu jeder einzelnen Messung Informationen über den vom System berechneten ppm-Wert und den dazugehörigen atmosphärischen Daten zu erhalten. Allerdings nur, wenn ein entsprechender Sensor, wie der verwendete W&T-Sensor, angeschlossen und eine Streckenkorrektur im System eingestellt ist.
Messablauf / Messkonfiguration
Nach der Vermarkung der Fest- und Objektpunkte konnte am ersten Tag mit zwei Festpunkten (7001 und 7002) eine neunstündige Messung durchgeführt werden. In dieser wurden die Monitoringpunkte kontinuierlich gemessen und die Festpunkte in Abständen von einer Stunde. Die Daten aus den Festpunktmessungen wurden nicht für eine Aktualisierung der Stationierung genutzt, da die Auswertung der Messungen im Postprocessing erfolgen sollte.
Nach einer kurzen Analyse der Messergebnisse des ersten Tages mit der graphischen Anzeige des Moduls Monitor, zeigte sich, dass sich die Horizontalrichtungen aller gemessenen Punkte gleichmäßig veränderten. Da die Größenordnung dieser Änderung nicht mit Messunsicherheiten zu erklären war und auch bei den Festpunkten auftrat, kam nur ein "Teilkreiswandern" als Ursache in Frage.
Für den zweiten Tag wurde der Messablauf geändert. Um für das Postprocessing mehr Datensätze für die Festpunkte zu erhalten, wurden sowohl die Fest-, als auch die Monitoringpunkte kontinuierlich beobachtet. So war gewährleistet das festgestellte Teilkreiswandern entsprechend berücksichtigen zu können. Für diese Messung konnten erstmals alle drei Festpunkte genutzt werden, da alle erforderlichen Stative und Prismen zur Verfügung standen. Punkt 7003 wurde nach einer freien Stationierung über die beiden anderen Festpunkte durch Vollsatzmessungen ins Netz eingebunden.
Am letzten Messtag fand die geplante 24h-Messung statt. Für diese wurde der Messablauf des vorangegangenen Tages beibehalten. Da an diesem Tag eine Stromversorgung realisiert werden konnte, kam auch der W&T-Sensor zum Einsatz und löste die analoge Messung und Aufzeichnung der Daten ab. Die atmosphärischen Daten wurden alle zehn Minuten aktualisiert.
Ermittlung der Additionskonstante
Für die Festpunkte wurden unbekannte Prismen russischer Produktion bereit gestellt. Zu diesen konnte keine Angabe der Additionskonstante gemacht werden. Dies erforderte die Bestimmung der Konstanten vor Ort.
Die Additionskonstante für das Leica Rundprisma ist bekannt, deshalb wurden die Sollstrecken zum Leica-Prisma mit den Istwerten aus den Messungen zu den unbekannten Prismen verglichen. Für eine ausreichende Streckengenauigkeit wurden alle Strecken fünfmal gemessen. Die neuen Prismen werden im Folgenden "Russisch klein" und "Russisch groß" genannt.
Es wurden Additionskonstanten von -6,3mm für das große und -2,3mm für das kleine Prisma bestimmt.
Atmosphärische Daten
Da der W&T-Sensors zur digitalen Messung und Aufzeichnung der atmosphärischen Daten erst im Verlauf des letzten Tages genutzt werden konnte, wurden diese für den vorangegangenen Zeitraum analog ermittelt.
Auffällig ist, dass ein Unterschied von 30mbar zwischen analog bestimmter und digitaler Luftdruckmessung existiert. Ein Grund konnte dafür nicht ermittelt werden. Im Verlauf der Auswertung wird sich heraus stellen, dass eine Verwendung der atmosphärischen Daten nicht notwendig ist. Auf eine umfassende Fehlersuche und Überlegungen zur Berücksichtigung dieses Umstandes wurde deshalb verzichtet. Die Luftfeuchte wird zwar vom Temperatursensor ermittelt, aber in GeoMoS nicht verwendet und wird nur der Vollständigkeit halber mit angegeben.